Gamification – den Spieltrieb wachkitzeln

Viele der Dinge, die es im normalen Alltag zu verrichten gilt, besitzen kaum einen irgendwie erregenden Aspekt. Routine und Notwendigkeiten bestimmen den Großteil des Tages. Hinzu kommt gerade heute eine immer stärker wirkende Reizüberflutung. Was auch immer präsentiert wird, dem Zuseher entlockt es im besten Fall ein müdes Lächeln oder der Gedanke, das doch schon einmal in ähnlicher Form gesehen zu haben.

Es gibt jedoch einen Reiz im Menschen, der sich immer wieder aufs Neue erregen lässt. Es ist der Spieltrieb, der für Kinder geradezu eine Pflicht ist, für Erwachsene hingegen meist mit einem bestimmten Rahmen und einem Zeitpunkt versehen sein muss, um ihm zu huldigen. Dieser Rahmen kann das nächste Spielcasino sein, der Rechner zu Hause oder der Spieleabend im Familienkreis. Nun wissen die meisten Menschen, dass für ein Spiel, das eine Herausforderung darstellt, oft mehr Energie und Denkarbeit investiert wird als für den langweiligen Routinekram. Schon vor Jahrzehnten wurde deshalb in der Werbe- und Unterhaltungsbranche auf die Gamification gesetzt. Bereits vor dem Computerzeitalter wurde so eine gewisse Interaktivität mit Kunden und Zusehern erzeugt. Ratespiele im Radio, bei denen im Studio angerufen wird, um das Ergebnis live aufzusagen und so vielleicht zu gewinnen, war bereits eine frühe Form der Gamification. Vor allem Spiele mit Belohnung erzeugten erhöhte Kommunikation und damit auch Kundenbindung.

In der Literatur finden sich noch wesentlich ältere Beispiele. Als Mark Twains Kinderheld Tom Sawyer von seiner Tante zum Zaunstreichen verdonnert wird, macht er daraus einen Wettbewerb für andere Kinder, musste von da an nicht mehr selber streichen und verdiente noch Geld obendrein.

Gamification ist überall

Längst hat sich die Gamification zur Motivationssteigerung in andere Bereiche eingeschlichen. Vielfach wird sie nicht einmal richtig bemerkt. So etwa die überall gerne eingesetzten Ranglisten oder Stufen, etwa bei Bewertungen von Hotels oder Restaurants, aber auch in Unternehmen. Fortschrittsanzeigen, in Balkenform oder in Prozentzahlen ausgedrückt, dienen nicht wirklich der Information, sondern sind Teil der Gamification. Sie helfen dabei, den Spieltrieb und damit die erhöhte Motivation am Leben zu erhalten.

Abgesehen von den manchmal übertriebenen Wettbewerben innerhalb mancher Firmen, die darin ausarten können, das statt Spiel und Freude an der Arbeit immer mehr Stress und Angstzustände auftreten, besitzt die Gamification durchaus positive Seiten. Dazu führte im Jahr 2009 eine schwedische Werbeagentur ein Experiment mit mehreren Gamifications durch.

Treppe als Klaviatur

Die Stufen einer Treppe neben einer Rolltreppe wurden wie Klaviertasten gestaltet, die beim Betreten einen Ton hören ließen. Daraufhin nutzen wesentlich mehr Menschen die Treppe statt der Rolltreppe, was ihrer Fitness zugutekam.

Der tiefste Mülleimer der Welt

Der Einwurfschacht eines öffentlichen Mülleimers wurde mit einem Sensor und einem Mikrochip ausgestattet, der bei jedem Einwurf das Pfeifgeräusch eines langen fallenden Gegenstandes und dann den Aufprall hören ließ. Die Müllmenge im Eimer soll sich merklich gesteigert haben.

Radarfallenlotterie

Später konnte die schwedische Bevölkerung bei der Agentur eigene Ideen zur Gamification einreichen. Die wohl beste Idee war die Radarfallenlotterie. Dabei wurden an einer Radarfalle alle Autofahrer fotografiert. Jeder oder jede, die sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hielten, nahmen an einer Verlosung teil. Verlost wurden die Einnahmen aus den Strafgebühren derjenigen, die zu schnell unterwegs waren.

Die größte Gefahr bei den guten Seiten der Gamification besteht darin, dass durch ständige Wiederholung der Reiz des Spiels verloren geht. Auf der anderen Seite kann sich aus solchen Spielideen aber noch viel mehr entwickeln. So etwa kann die Treppe aus Klaviertasten zum Austragungsort für regelrechte Wettbewerbe werden. Die Medien werden darauf aufmerksam und die Idee breitet sich aus.

Der wohl wichtigste Punkt bei der Gamification ist es, die Schwelle von Spiel und Wettbewerb nicht dahingehend zu überschreiten, dass daraus eine Art Krieg entsteht.

März 2019


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