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Um Pachinko zu verstehen, muss die japanische Kultur verstanden werden, das aber schaffen nur wenige.
In Japan sind Spiele um Geld bis auf wenige Ausnahmen verboten. Zwar wurde in diesem Jahrzehnt in Regierungskreisen schwer darüber diskutiert, Spielcasinos zuzulassen, um vor allem die 2020 in Tokio stattfindenden olympischen Sommerspiele zu finanzieren, doch das dafür im Jahr 2018 verabschiedete Gesetz macht es den Japanern selbst schwer, etwa am Roulettetisch Platz zu nehmen. Japaner dürfen maximal 10 x-mal pro Monat ein Casino betreten und es kostet sie jeweils 50 Euro Eintritt. Ausländer betrifft dies nicht.
Interessant ist, dass gut 70 % der japanischen Bevölkerung gegen das Gesetz ist. Den Japanern reicht Pachinko. Obwohl dies offiziell kein Spiel um Geld ist, sondern Gewinne als Sachpreise ausgezahlt werden, ist Pachinko eine japanische Geldmaschine, an der witzigerweise der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-Un kräftig mitverdient.
In Deutschland würden sich Erwachsene jeden Alters bei Pachinko vermutlich zu Tode langweilen. Das Spiel besitzt ungefähr so viel Spannung wie ein Schneckenrennen. Ein senkrechter Kasten, hinter dessen Front aus Glas eine Art Hindernisparcours aufgebaut ist. Der Spieler erwirbt im Pachinko-Laden eine Anzahl an Kugeln, die er in den Pachinkokasten schüttet und über einen Mechanismus langsam oder schnell auf den Parcours schießt. Nun kullern die Kugeln hinab und verschwinden größtenteils in Löchern ohne Gewinn. Ein paar jedoch können in Löcher gelangen, die einen Gewinn bedeuten. Dieser Gewinn besteht aus weiteren Kugeln. Wenn es gut läuft, holt der oder die Spielerin, wobei der Frauenanteil unter Pachinkospielern marginal ist, mehr Kugeln aus dem Gerät, als er am Anfang erwarb. Nun kann er die Kugeln gegen Sachpreise eintauschen, nicht jedoch gegen Bargeld, das verbietet das Gesetz. Diese Sachpreise dürfen jeweils keinen höheren Wert als 10.000 Yen haben, umgerechnet etwa 84 Euro. Allerdings gehören zu den Sachpreisen auch kleine Goldbarren dieses Wertes, die verständlicherweise bei den Pachinkospielern bevorzugt werden. Sobald der Spieler die Pachinko-Halle verlässt, muss er sich nur nach links oder rechts wenden, um auf einen Laden zu treffen, in dem er das Gold gegen japanische Yen eintauschen kann. Aber auch das unterliegt einer seltsamen japanischen Gesetzgebung. Beim Vorgang des Umtausches dürfen sich der Angestellte der Wechselstube und der Kunde nicht sehen, damit werden beide dem Verbot der Auszahlung von Geldgewinnen gerecht, zumindest nach japanischem Recht.
Über ganz Japan verteilt gibt es rund 13.000 Pachinko-Hallen. Etwa 16 Millionen Japaner spielen regelmäßig Pachinko und erzeugen einen durchschnittlichen Jahresumsatz von 160 Millionen Euro. Zehntausende Japaner leben ausschließlich vom Pachinko. Sogar ein eigener Pachinko-Fernsehkanal besteht und die dort laufenden Filmchen dienen vorzugsweise der Unterhaltung von Pachinkospielern in den Hallen, denn, wie bereits erwähnt, das Spiel selbst gibt nicht viel her an Spannung oder Unterhaltung.
Ein nicht kleiner Teil der Pachinkohallen und der Wechselstuben werden von Strohmännern der nordkoreanischen Machtelite betrieben und finanzieren so zumindest teilweise den „kommunistischen“ Staatsapparat. Zugleich ist Pachinko unter der Kontrolle der japanischen Polizei, die sie gegen die Yakuza, die japanische Mafia, schützt, wofür im Gegenzug pensionierte Beamte einen Job bekommen.
Für Europäer ist das gesamte Pachinko-System nur sehr schwer zu verstehen. Es hängt wohl mit einer sehr konformistischen Kultur zusammen, in der etwa Händchenhalten oder auch nur ein Kuss auf die Backe in der Öffentlichkeit noch heute verpönt ist. Zugleich können an jeder Ecke Manga-Pornos gekauft werden. Genauso verhält es sich mit Spielen um Geld. In der Öffentlichkeit werden sie von den meisten Menschen als moralisch verwerflich abgelehnt, wenn es jedoch legale Hintertürchen gibt, dann werden die auch benützt.
September 2019
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