Der Kreisel – weit mehr als nur Spielzeug

Er ist ein uraltes Spielzeug, der Kreisel, und er ist die Vorlage für unzählige Ideen in der Physik, ohne die es so manche erstaunliche Erfindung heute nicht geben würde.

Der Kreisel gehört zu den Kinderspielzeugen, die von verschiedenen unabhängigen Kulturen entdeckt wurden. Bildlich belegt ist der Kreisel als Spielzeug zum Beispiel auf einem Gemälde des niederländischen Malers Pieter Brueghel des Älteren aus dem Jahr 1560, doch sicher trieben Kinder ihn schon weit früher durch die Gassen oder ließen ihn auf einem Tisch rotieren. Das Ziel dabei war damals wie heute, den Kreisel so lange wie möglich in Bewegung zu halten oder besser ihn schweben zu lassen. Im Laufe der Jahrhunderte kamen viele Variationen hinzu und natürlich hat sich auch die Spielzeugindustrie des Kreisels angenommen und die Idee ausgebaut.

Das Gyroskop – die technische Variante des Kreisels

Das Faszinierende am Kreisel ist natürlich, das sich ein Körper nur durch Drehung in der Balance hält, obwohl er eigentlich durch seine Form zur Seite kippen müsste. Dass er dies jedoch erst tut, wenn die Geschwindigkeit der Drehbewegung abnimmt, macht den Kreisel zum herrlichen Spiel, das Spannung erzeugt. In der Physik jedoch besitzt die sogenannte Drehimpulserhaltung des Kreisels die größere Bedeutung. Tatsächlich haben damit schon die Menschen des Mittelalters unbewusst einen Einblick in die sowohl kleinsten als auch die größten physikalischen Vorgänge erhalten, denn die Drehimpulserhaltung ist die zentrale Kraft, die Atomkerne genauso wie ganze Galaxien zusammenhält.

Im normalen Alltag müssen nun keine Galaxien stabilisiert werden, aber durch die Entwicklung des Gyroskops wurde zum Beispiel der Flugverkehr in den heutigen Dimensionen erst möglich. In einem Passagierjet sind gleich mehrere Gyroskope verbaut. Sie dienen der Navigation, der Stabilisation, der Lageregelung, dem Kurvenflug und auch der sogenannte künstliche Horizont wird mittels eines Gyroskops erzeugt, der zugleich dem Autopiloten zur Zielsteuerung dient.

Heute gibt es zudem Zweiräder, die selbständig die Balance halten. Auch hier ist es das Gyroskop, das dies ermöglicht. Die ersten Modellflugzeuge und Modell-Helikopter besaßen gleichermaßen Gyroskope, doch diese wurden inzwischen durch winzige Sensoren abgelöst, wie sie auch im Handy verbaut sind.

Der Kreisel – Spielzeug und Sammlerobjekt zugleich

Der Urvater des Gyroskops, der Kreisel, erfreut sich bei Kindern fast jeden Alters großer Beliebtheit und da es sie schon seit Jahrhunderten gibt, finden sich längst auch Sammler im Erwachsenenalter. Der Kreisel überzeugt dabei auch durch seine Variationen. Es gibt Kreisel aus Holz, aus Plastik, aus Metall, mit eingebauten Figuren, die sich bewegen, wenn der Kreisel rotiert oder es wird eine Melodie erzeugt. Moderne Varianten verfügen über eingebaute LED-Leuchten, die funkeln und blitzen. Immerhin ist der Kreisel ja auch ein Spielzeug, das Bewegungsenergie erzeugt und die kann genutzt werden, um damit elektrische oder elektronische Bestandteile mit Strom zu versorgen.

Viele Sammler konzentrieren sich auf ein spezielles Feld, etwa das der kunsthandwerklich hergestellten Kreisel, denn in dieser Sparte finden sich die Objekte mit der interessantesten Historie. Immerhin verfasste Franz Kafka bereits 1920 eine Geschichte mit dem Titel: „Der Kreisel“, in der ein Philosoph den Kinderkreisel zum Inhalt seines Lebens macht. Zum Inhalt ihres Lebens machen heutige Kinder den Kreisel sicher nicht, trotzdem ist er nach wie vor ein amüsanter Zeitvertreib, eben ein Evergreen unter den Spielzeugen.

Februar 2020


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